Karlsruher Institut für Technologie (KIT) - Campus Nord Bau 101 - "Sichtbar werden!"

2009 - 2011 Fortbildungszentrum für Technik und Umwelt (FTU),
Sanierung eines Altbaus von ca. 1960 mit Anbau aus den 1980ern.

  •     ca. 1.100 m² Metallkassettenfassade
  •        ca. 430 m² Wellblechfassade
  •     ca. 1.550 m² Putzfassade und UG-Dämmung
  •     ca. 3.250 m² Dachfläche
  •       ca.  900 m² Fensterfläche 
  •   ca. 34.600 m³ Bruttorauminhalt
  •    ca.  7.150 m² Nutzfläche
  •        ca.  1,9 Mio € Baukosten (ohne MwSt., mit Baunebenkosten)

Bäume und Beton ...

... bestimmten das Erscheinungsbild des großen Quaders aus den frühen 1960er Jahren, und ein vielfach wiederholtes Modul aus einer Fertigbeton-Brüstungsplatte mit einem darüber liegenden Holz-Aluminum-Fenster. Die rückseitig an den Quader anschließende Brücke und der Anbau aus den 1980ern hatten Asbestzementfassaden.

Auf den Hauptbau von E. Schelling war nachträglich eine Klimazentrale gesetzt worden, mit einer Verkleidung aus quadratischen Metallkassetten. Rings um das beige-graue Bauwerk standen zahlreiche groß gewordene Bäume, und dahinter erstreckte sich der ausgedehnte Hardtwald.

Zu sehen war vom Bau 101 nicht viel - er hielt sich eben bedeckt. Mit der Sanierung sollte sich das ändern.

Neue Ziele

„Sichtbar werden!“, so die Planer von Frömchen, Goslar & Partner in Karlsruhe, als sie den Planungs- und Bauleitungs-Auftrag erhielten. Im Rahmen des Programms zur energetischen Sanierung von Bundesgebäuden war die gesamte Hülle des „Fortbildungszentrum Technik und Umwelt“ des KIT zu sanieren.

Von Bauherrenseite wurde neben der zweifellos dringend anstehenden Energieoptimierung ein zeitloses Bild gewünscht, als Fortführung des bisherigen nüchternen Auftritts. Man verständigte sich darauf, das Gebäude im Rahmen der Sanierung wahrnehmbarer zu machen - wie es der Standort am Haupteingang des ausgedehnten Campus Nord nahe legt, wie es aber auch im Interesse der wachsenden Anzahl von außen kommender Kursteilnehmer liegt. Klare Formen, zurückhaltende Farben, und nur wenige zeitgenössische Attribute sollten dabei eine pragmatische Haltung widerspiegeln.

Metallfassade

Die Außenwände des Hauptbaus erhielten eine wärmegedämmte Aluminium-Kassetten-Fassade im Maßstab der ursprünglichen Betonfertigteile. Deren metallisches Grau-Blau reagiert nun auf atmosphärische Änderungen und zeigt sich, abhängig von Wetter und Blickwinkel, als Dunkelblau, Silbriggrau, Hellblau, oder bei tiefem Sonnenstand auch mit einem violetten Einschlag. Gleichmäßig unterteilte Fensterbänder nehmen die alte Fensteranordnung auf, mit hochwärmegedämmten Metallrahmen und Dreifachverglasungen. Hinter den Fassadentafeln sind Jalousien mit Lichtlenk-Funktion und wärme-reflektierender Beschichtung montiert.

Grüne Stäbe

Zwischen je zwei Fenster wurde eine Metalltafel gesetzt, auf der die Führungsschienen der Jalousien montiert sind. Die sich ergebende Folge aus weißen Alufenstern, silbrigen Metallflächen und grünen Führungsstäben rhythmisiert die langen Fensterzonen und sorgt für eine lebendiges Struktur. Die eigentlich intensive Farbigkeit der Stäbe ist, je nach Blickrichtung und Standpunkt, kaum wahrnehmbar oder zu einem grünen Flirren verschmolzen: Ein Effekt der Perspektive, der sich vor allem durch Bewegung entlang der Fassade erschließt und deshalb besonders von den Autofahrern auf der Zufahrt zum Campus wahrgenommen wird.

Struktur / Freiheit

Werden die Jalousienbehänge herab gelassen, ergibt sich ein flächigeres Fassadenbild, abgestimmt auf die neuen Wellblechfassaden der Dachaufbauten, gegliedert durch die im Vergleich zur Behangfläche zierlichen Führungsstäbe. Eine zentrale Steuerung richtet die Jalousien in Abhängigkeit von Sonnenstand, Bewölkung, angenommener Raumnutzung und anderen Faktoren aus, kann aber von den Nutzern jederzeit übersteuert werden, um das Licht den jeweiligen Wünschen anzupassen. Zu einigen Zeitpunkten ergibt sich eine grafisch klare Anmutung - wenig später schon beleben einzelne Nachjustagen das Bild wieder. Trotz Regelmäßigkeit und teilsynchronisierter Bewegung kommt so ein unvorhersehbares Element im Spiel.

Pavillon im Grünen

Die Idee eines Pavillon im Grünen liegt der Fassadengestaltung von Brücke und Anbau zugrunde. Hier ist die Zuwendung zur üppigen Waldflora gewünscht - sind hier doch die meisten Schulungsräume angeordnet. Ziel der Putzfassade in Grauwerten war die Rücknahme dieser Gebäudeteile gegenüber dem Hauptbau. Im Interesse einer einheitlichen Wirkung sind auch diese Fenster zu Bänderungen zusammengefasst.

An die Straße gerückt

Nicht akzeptable Wärmebrücken machten beim Hauptbau den Abbruch von Vordach und Eingangspodest mit Freitreppe und Behindertenrampe erforderlich. In der Folge wurde der Eingang neu geordnet, die Gebäudeflucht begradigt, und mit einem zur Minderung von Lüftungswärmeverlusten deutlich vergrößerten Windfang wieder hergerichtet. Die erneuerte Behindertenrampe entspricht den aktuellen Anforderungen an barrierfreies Bauen. Das Vordach und die Treppen- und Rampenanlage wurden aus Sichtbetonfertigteilen zusammengefügt - als Hommage an die nunmehr verdeckten Fertigteil-Platten der Fassade.

Fazit

Insgesamt sind deutliche Energieeinsparungen und vielfältige Modernisierungseffekte realisiert worden. Das Gebäude steht zudem nicht mehr irgendwo im Wald versteckt.